Aus dem Wörterbuch:
Konfrontation: Auseinandersetzung zwischen Gegnern

Es tut mir leid, ich muss es los werden: das Wort Konfrontationstraining reizt mich. Es hat mich schon immer gereizt, schon vor 15 Jahren als ich sonst nichts auf dem Kasten hatte als ein Stück Papier mit „Verhaltenstrainerin“ und „Tellington TTouch Practitioner“ drauf und hörte: Junghunde brauchen Konfrontationstraining: man konfrontiert sie mit so vielen Reizen wie möglich. Dann können sie es.

Ah ja. Denken Sie. Nein, nein und noch mal nein. Was Sie hiernach lesen, wird Sie vielleicht etwas reizen, denn ich habe es aus den Tiefen meines Herzens geschrieben. Lesen Sie bis zum Ende, atmen Sie durch, wo Sie Ihre Aussagen wiedererkennen und sehen Sie es mir nach:
ich will nur trainieren. Es erklärt sich im Text.

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„Wir haben schon so viel probiert, Sie sind unser letzter Versuch.“

Das klingt nach einem störrischen, lernresistenten Hund. Heute trainiere ich keine Welpen und keine Junghunde mehr. Ich trainiere und berate Hundehalter, die einen besonderen Hund mit besonderem Verhalten haben. Sie sind meistens dann bei mir, wenn sie schon Vieles durchprobiert haben. Von allem ein bisschen: Gutes und weniger Gutes, Nettes und weniger Nettes, Harmloses und Gefährliches.
Ich mache mir meistens keine Illusionen: sicherlich bin ich auch nicht immer die letzte Trainerin und meistens waren alle Kolleginnen und Kollegen vor mir nicht wirklich ineffektiv (nicht immer).

Und dann kommt die Frage nach dem „Konfrontationstraining“.
Ich verstehe: Es geht nicht schnell genug. „Ja sicher weiß ich um kleine Schritte im Training, aber wissen Sie, der Alltag“. Oder: „ja 20 Meter können wir schon lange“ (ja, aber wie genau sieht es denn aus?), oder „wir möchten an lockerer Leine an anderen Hunden vorbei“ (klar, wer nicht?).

Der Hund kommt aus der Tötung, aus der Mülltonne, Graben, aus dem Tierheim. Wir haben ihn gerettet. Auch wenn er keine Sozialisierung hatte. Sehen Sie die Narben? Wir wissen nicht, woher er das hat. Und jetzt: jetzt macht er uns die Spaziergänge madig. Er pöbelt, geht in die Leine, hat sich sogar mal aus dem Halsband und ist auf einen anderen Hund drauf, hat einen Menschen umgeworfen, einen Radfahrer zum Sturz gebracht…. Jetzt ist das Maß voll, sie hat eine Grenze überschritten, das können wir nicht mehr durchgehen lassen. Sie muss wissen, dass ICH das regele. Und das, obwohl wir so viel Sozialisierungstraining schon hatten: Freilauf in großen Gruppen, Spaziergänge mit 20 Hunden, Konfrontationstraining: An einander vorbei, auf einander zu, sitzen und sich zusammen reißen, Nase an Nase am Zaun… da muss er durch. Nein, bei unserem hilft nichts. Wir hatten auch schon Discs geworfen, Wasser gesprüht, an der Leine geruckt. Haben aber schnell die Reißleine gezogen und sind zu dem nächsten Trainer gewechselt. Wir hatten auch schon Halti, aber nein, Stachler haben wir definitiv abgelehnt. So was wollen wir nicht an unserem Hund.

Holla, die Waldfee.
Ich zaghaft: „Und der Hund kann es immer noch nicht.“ „Doch doch, bei mir schon, aber bei meiner Frau macht er was er will. Ich sage ihm, wo es lang geht und dann geht das, das kann aber meine Frau nicht“.

Und ich? Ich sehe einen Hund, der sich bewegungstechnisch durch jeden Schritt quält und versucht, bloß nichts zu zeigen. Der langsam aufsteht und sobald es geht sich wieder hinlegt. Sich am liebsten aus der Situation herausbeamen würde, sich selber mit Schnüffeln, Buddeln, Gras fressen und Aas suchen beschäftigt. Sich wälzt, sich kratzt, bellt, winselt oder liegt und liegt und liegt. „Ihr Training ist ihm langweilig, Frau Lismont, wir würden gern ein bisschen mehr… Sie wissen schon: „Konfrontation“ haben. Er muss es halt lernen.“ (ja, klar, mit 7,8 oder 9 seitdem sie eine Ewigkeit bei Ihnen ist)…

Die Klassiker in den BAT Trainings: 
„Die will jetzt nach Hause/Ball Spielen/Futter bekommen/dass man sich mit ihr beschäftigt, das ist zu langweilig, unser Terrier/Pinscher/Labrador will Action. Sie haben keine Ahnung, wie wüst der sein kann“.  Doch, habe ich. 
„Das ist das Phlegma des (Namen der beliebigen Rasse), der Arbeitswille der (Namen der beliebigen Rasse), der Tatendrang des (Namen der beliebigen Rasse), das macht sie nur hier, zuhause ist das anders, sie will jetzt an Ihre Leckerchen, das sind die Gerüche auf Ihrem Grundstück, das war schon immer so, der Züchter hat gesagt: das bringt bei der Rasse nichts, die CT-Bilder sind einwandfrei, sie reagiert nicht auf die Triggerpunkte bei Physio/Arzt, Osteopate, bei diesem allergenfreien Futter macht sie schöne Häufchen und wir haben jetzt Ruhe, auch wenn sie es nicht gerne frisst. Endlich haben wir festen Stuhlgang, also daran verändern wir erst mal gar nichts mehr.“

„Es macht Ihrem Hund keinen Spaß, glauben Sie es mir.“

Ja. Ja. Ja. Ich verstehe Sie. Ich kann sogar alle Ihre Argumente nachvollziehen. Ich habe auch Hunde. Sie haben alle ihre individuellen Bedürfnisse. 
Aber nein, Stopp. Ich sehe es, es läuft nicht gut für Ihren Hund. Sorry. Sie mogelt sich durch den Alltag. Bemüht sich stets. Für Sie. Sie will keinen Ärger, GAR keinen, schon gar nicht mit Ihnen, denn sie lebt mit Ihnen unter einem Dach, sie möchte sich sicher fühlen bei Ihnen. Das geht nicht, wenn Sie ab und zu die Leine stramm halten und Ihr „Bescheid“ sagen oder den Po herunterdrücken. „Nein, das ist keine Strafe“, klar nicht. „Nein, das tut ihr nicht weh“, aber vielleicht tut ihm der Nacken/Schulter/Hüfte schon seit Jahren weh und er zeigt es nicht. Sie füttern sie, sie gehen mit ihr raus. Tag für Tag tun Sie sich beiden diese Situationen an, die Ihr Hund immer wieder falsch meistert. Sie entscheiden über jede Sekunde seines Lebens. Liegt es also nur an Ihrem Hund?

Nein, Ihre Hündin zeigt Ihnen keine Schmerzen. Macht-sie-nicht. Zum Verrecken nicht. Tatsächlich vielleicht weil es ein Boxer/Bully/Molosser/Terrier ist. Wer Schmerzen zeigt, dem tut es schon lange weh, sehr sogar. Wer Schmerzen zeigt, zeigt Schwäche. 

Und ja, ich weiß es und ich sehe es: Sie lieben Ihren Hund, abgöttisch. Sonst wären Sie ja nicht hier. Oder?

Führen am Geschirr geht bei Ihnen jedoch nicht, denn mit Halsband können Sie 37 Kilo besser halten. „Trockenfutter ja aber ein sehr teures, weil wir wollen sie ja auch in den Urlaub mitnehmen.“ (wie viele Wochen von 52?). „Leckerchen? Nein, denn sie darf nur australisches Wildpferd und jetzt sind die Häufchen schön“. „Immerhin hat sie ein schönes Leben bei uns. Hallo? die ist mit Essensresten gross geworden.“
“Wir nehmen nur Tierschutzhunde. Immer schon Second Hand Hunde, Gebrauchthunde. Und das würde ich immer wieder machen“. „Ach, wir möchten mal wieder einen ganz normalen Urlaub, so mit Flug und all-in Hotel. Das geht ja mit ihm nicht … und so weiter.

Aber wie lernt er es dann?

Zurück zum Konfrontationstraining: jetzt mal ganz ehrlich: stellen Sie sich vor sie wären Fahrschüler. Sie lernen gerade ein PKW zu bedienen, etwas was für die meisten Personen in Ihrem Umfeld zur zweiten Natur geworden ist: einsteigen, anlassen, schalten, fahren, stoppen, halten, beschleunigen, blinken, überholen, stoppen, einparken … alles ohne nachdenken.
Sie aber lernen gerade zu fahren. Sie sind sich nicht sicher, ob Sie dieses Fahrzeug und sich selber ohne Beule irgendwohin bekommen. Sie haben Angst, Respekt und fühlen sich verunsichert. Sie wissen nicht, ob Sie das können, aber schon wieviel das Auto kostet, denn das hat man Ihnen gesagt.
Und man sagt Ihnen: so, und jetzt fahren wir nach Frankfurt und ab durch die Stadtmitte, du wirst selber einen Parkplatz suchen und alles was dazu gehört herausfinden: Tiefgarage oder Straße? Parkverbot oder nur eingeschränkt? Tut uns Leid, das gehört zum Autofahren dazu. Anfahrt über die Autobahn natürlich, Einbahnstraße, was nun? Tank bald leer? Na, dann steuern Sie doch die nächste Tankstelle an?
Sie retten sich, sie mogeln sich durch. Einiges werden Sie sich merken, anderes haben Sie einfach mit mehr Glück als Können gewuppt. Aber wie, das wissen Sie nicht mehr. Sie wissen nur, dass es stressig war, dass Sie Angst hatten und dass Sie nicht wissen ob Sie die nächste Großstadt schaffen.
DAS, ist Konfrontationstraining. Der Auslöser ist vielfach, sehr präsent und wir wissen nicht, was er mit uns machen wird. Es ist Stress, es ist unbekannt und Sie sitzen in diesem Käfig vom Auto und kommen nicht raus, wenn Sie in einer sehr befahrenen Straße stehen.

So geht es Ihrem Hund, an der Leine, in der Nähe von anderen Hunden, die er eigentlich nicht in seiner Nähe haben will.
Er-will-es-nicht. Er mag es nicht. Er kommt ohne diese anderen Hunde klar, und überhaupt fühlt er sich nicht wohl, denn heute ist nicht so sein Tag, er war schon mal fitter.

Das, ist Konfrontationstraining. Dafür zahlen Sie. Und Ihr Hund badet es aus. Und … bei den meisten bringt es nichts, zumindest nicht für ihren alltäglichen Spaziergang. Bei anderen wiederum bewirkt es, dass sie lernen so nahe wie möglich an den Auslöser heran zu gehen, um dann einen Click und eine Distanzvergrößerung zu bekommen. Oder Futter, wenn das noch gegessen werden kann. Das ist aber leider nicht immer in den Alltag transportierbar. Denn man hat die Anspannung mit im Training, die wird sogar mit geclickt. Wägen Sie ab, wofür Sie zahlen: für tolle Floskeln, die nach Hundewissen klingen? Für Strafen mit Wasser, Ruck und Schellen? Für Nähe, Nähe und noch mal Nähe. Für blinden Aktionismus beim Training am „Fehlverhalten“. Blind trifft es, denn niemand nimmt wahr, wie schwer sich der Hund tut und warum er so reagiert, wie er reagiert. Im Körper, in der Umwelt. Aber er zeigt es nicht, bzw. nicht so, wie wir es erwarten und lesen könnten. Das große Bild betrachten, das ist effektiv. 

Slow Training

Konfrontationstraining gibt es nicht, nicht mehr bei DOGood. No way und nimmer.

Ich schaue zunächst, wie es Ihrem Hund geht. Das ist oberste Priorität. Und wenn es ihm nicht gut geht, dann können wir nicht an seinem „Fehlverhalten“ trainieren.
Wenn es ihm besser geht, dann bringen wir ihm bei, was diese Situationen von ihm verlangen. Seine Person lernt ihn zu lesen und auf seine Körpersprache ein zu gehen und ihm mit gutem Timing zu helfen.
Sie lernt die Leine achtsam zu halten, lernt den Ton zu verändern, und lernt, dass das Nörgeln inzwischen am Hund abprallt.
Das könnte nämlich der Grund sein, warum Ihr Hund immer meine Nähe sucht, nicht wegen der Leckerchen in meiner Tasche, sondern weil ich nicht nörgele, zerre, schubse, abdränge. Und dann … ist es eigentlich nicht mehr so schwer, das neue Verhalten, die neue emotionale Wahrnehmung von brenzligen Situationen zu generalisieren und nach und nach in alltäglichen Situationen hinein zu bringen. Schritt für Schritt. So wie Sie und Ihr Hund es können.
Ohne Stress, ohne Druck, sanft und im Flow. SlowTraining. Und es wirkt genauso schnell, aber nachhaltiger. Es sieht nur langsamer aus.

Geben Sie sich und Ihrem Hund die Chance. Nehmen Sie den Druck raus, für beide und entdecken Sie diesen neuen zeitgenössischen Weg. Gänsehaut garantiert. B.A.T. Behavior Adjustment Training. Mehr dazu hier.
Bitte: Hören Sie auf Ihre Intuition und lassen Sie sich nicht erklären, dass Leinenruck nicht weh tut, sondern nur ein Impuls ist. Er ist Ihr Freund, Ihr Hausgenosse und Familienmitglied. Denken Sie daran, wenn der nächste Helfer ihm die Luft abdreht oder Wasser auf die empfindlichsten Körperteile sprüht.

Danke fürs Lesen. Es war nicht leicht, das weiß ich. Aber ich finde es toll, dass Sie zu Ende gelesen haben. Danke.