Ich gebe es zu: ich bin im Vorteil. Nicht (nur), weil ich passables Wissen über Hundetraining habe und weiß, wie man Hunden etwas beibringt, sondern vor allem, weil ich aus den „Problemen“ und Fragezeichen meiner Kunden lernen kann. Ich erlebe gerade eine sehr spannende Phase mit meinem Junghund Eden. Mir war von Anfang klar, dass dies keine leichte Sache wird, so mal eben einen dritten Hund dazu zu nehmen nach dem Motto, wo schon zwei sind können auch drei bewältigt werden. Das ist lang nicht so. Das will genau überlegt werden und wenn er denn mal da ist, lernt man neue Grenzen kennen.
Dazu kommt, dass meine Lieblingsrasse nun mal nicht zu den (Achtung Etikett) Schlaftabletten gehört. Boxer sind starke, athletische, schnelle und wuchtige Hunde. Jungrüden sind in der Regel noch mal eine Sublimierung davon. Wie gesagt: es wurde nicht leichtfertig entschieden.
Wir befinden uns in Lebensmonat Nummer 7. Jaaaa, ich höre es schon: „der pubertiert“ (kann sein, „da“ ist viel Aktivität, „der testet“ (was? wen?), „der tanzt dir auf dem Kopf herum“ (jepp, vor allem morgens wenn ich noch im Bett liege), „der hat gerade eine sensible Phase“ (jawohl) und die üblichen „Rüpel Phasen“. Kann alles etwas stimmen… sogar das mit dem auf dem Kopf tanzen… Wer hat denn gesagt, dass es wellenlos, windstill und langweilig wird mit einem jungen Hund? Ich bestimmt nicht. Ich sage es gern und immer wieder allen Welpen Kundinnen: das ist wunderbar jetzt, die sind anhänglich, folgsam, suchen Hilfe und Nähe bei uns und wir sind deren Weltmitte. Nutzen Sie bitte diese Phase voll aus. Lassen Sie sich bei der Erziehung helfen, gehen Sie in gute Welpen und Junghund Kurse. Denn… das, liebe Kundinnen, wird sich noch verändern, mal mehr mal weniger, beim einen Hund mehr, beim anderen weniger, beim einen Geschlecht mehr, beim anderen weniger (ratet mal).
Ich war nicht im Junghundekurs in meiner Hundeschule. Das ist natürlich nicht richtig und ich mache mir oft Gedanken, ob ich mit Eden genug übe. Ich redete vor einigen Tagen mit einer lieben Kundin die gerade eine Berner Welpin hat. Sie hat die Welpen Stunden und die Junghund Stunden bisher alle mitgemacht. Sie ist hellauf begeistert. „Es“ funktioniert. Was denn? Alles. Alles, was wichtig ist. Das Zusammenleben eben. Angstfrei, Risikofrei, Junghund gerecht und „Angepasst“ am Berufsalltag und Familienleben ihrer Menschen.
- Abruf? sitzt.
- Andere Hunde sehen? Ansprechbar und abrufbar.
- Lockere Leine? läuft!
- Alleine bleiben? geht!
- Zur Ruhe kommen? check!
- Anfassen? klar doch!
Das schöne ist, genauso stimmig und harmonisch fühlt sich die Arbeit in der Gruppe an. Alle Teilnehmerinnen sind zufrieden und begeistert. Das kommt natürlich nicht nur von dieser einen Stunde in der Woche, sondern auch daher, dass die Übungen, die mit auf den Weg gegeben wurden, täglich ein bisschen vertieft werden. Ein bisschen… Sie lesen richtig. Hier mal eine Wiederholung mit Belohnung und dort mal eine andere. Mehr ist es nicht. Und genau darauf wollte ich hinaus. Der Erfolg hängt natürlich zum Teil mit der Wahl Ihrer Hundeschule zusammen. Zum Größten Teil hängt er jedoch mit der richtigen Hundehaltung, dem Umgang, mit der Nähe, mit der Sicherheit die man dem Hund bietet, mit dem Üben zusammen. Im Idealfall, wird Ihnen das alles in der Hundeschule natürlich auch gezeigt und erklärt. Ich möchte erwähnen, dass nicht ich selber den Junghundkurs geleitet habe, sondern Claudia. Wie man sieht mit diesem Erfolg!
Warum schreibe ich davon? Ich habe 2 Hintergedanken: zum einen berichtet mir besagte Kundin, dass in ihrem direkten Umfeld noch 2 andere Junghunde unterwegs sind. Die Frauchen davon belächeln meine Kundin, denn sie sind sich sicher, dass die Kleine Maus das alles nur macht WEGEN den Leckerchen. Wenn mal die Kundin kein Leckerchen dabei hat, wird sie ihr blaues Wunder erleben, so wird sie gewarnt. Meine Kundin ist dermaßen von ihrem Vorgehen überzeugt, dass es ihr egal ist, denn sie genießt gerade das Zusammensein mit ihrer kleinen in vollen Zügen. Sie muss nichts aber kann komischerweise alles. Die anderen Jundhunde? Na, die kommen von über 500m. angerannt, und zwar im Schweinsgalopp. Machen dann wüste und ruppige Dinge mit der kleinen Bernerin, was natürlich Frauchen wiederum verhindert. Wenn aber meine Kundin Glück hat, taucht mitten im Ansturm noch ein Hase im Feld auf, dann wird der Ansturm umgelenkt und das andere Frauchen kann sich ja wieder um ein anderes Problem kümmern. Ich frage mich jetzt die ganze Zeit. Wie (WIE?, nur WIE?) bringt man einem Hund einen sicheren Abruf bei, OHNE Belohnung? Ich wüsste es nicht. Aber ich muss mir darüber nicht echt Gedanken machen, denn… es funktioniert ja nicht. Daher erledigt sich die Frage von alleine.
Ach, das Leben kann so einfach sein. Hund macht was richtig. Schwups… Futterbröckchen rein. Hund ist belohnt, überlegt sich wie er noch mal zu so was kommt und macht es beim nächsten Mal wieder oder noch besser. Das… nennt sich positive Verstärkung. Das ist in der Natur von allen Lebewesen verankert und ist auch noch wissenschaftlich nachgewiesen.
Kein Grübeln über: „Aber der muss das doch für MICH machen…“ Denn ich füttere ihn, ich zahle die Versicherung, ich kaufe ihm ein Bettchen, ich habe ihn ja zu mir geholt… Was dieser Ansatz also meint, ist das Hunde aus „Dankbarkeit“ auf uns hören sollen? Na dann prost Mahlzeit! Viel Geduld wünsche ich noch.
Wie fühlt man sich bloß, wenn man in der Annahme lebt und der Hund erst zu einem anderen Hund stürmt und dann im Anflug noch einen Hasen noch wichtiger findet und auf keinen Abruf mehr reagiert. Wie schrecklich erniedrigend und enttäuschend muss das sein? Ich leide mit Ihnen.
So nun der zweite Hintergedanke: zurück zu Eden. Eden ist in einer Hundefamilie gelandet, in der schon zwei andere Hunde leben. Einerseits Hutchie, als Fr. Bulldogge eher kleiner, über 10 Jahre alt, Rückenprobleme. Wenonah, Boxerin, bald 6 und gelinde gesagt „temperamentvoll“ (Achtung Etikett).
- Erstes Ziel: Frieden und Harmonie in der Familie und zwar so, dass beide bereits anwesenden Hunde nicht komplett in den Hintergrund geraten oder dass ihr Leben dermaßen durch einander gewirbelt wird, dass sie damit Schwierigkeiten haben. Das bedarf gehörig viel Rücksicht, Aufwand und Aufmerksamkeit. Von mir, von den beiden älteren und auch Eden muss früh lernen sich zurück zu nehmen, zu warten, die anderen nicht zu „überfallen“ oder weg zu drängen, Distanz zu halten. Das üben wir seit dem ersten Tag, im Alltag, in kleinen unauffälligen Situationen: Still halten beim Geschirr anziehen, aus dem Auto geladen werden, Pfoten abwaschen, alleine in seinem Zimmer zu bleiben. Sitzen und Warten. Wenn er mal seine 35 kg Muskel hat (fürchte ich) werden wir dafür dankbar sein. Geheimwaffe: Dreiecksübung.Und für alles gibt es Belohnung in Fülle.
- Zweites Ziel: wir wollen im aufrechten Gang mit 3 Hunden an der Leine spazieren gehen können. Wenn Zug entsteht wird konsequent stehen geblieben… wenn er artig neben uns läuft mit durchhängender Leine wird er dafür belohnt – ja auch wenn ich nicht „Fuß“ gesagt habe. Anfangs neigte er dazu, in die Leine zu beißen. Auch das wurde trainiert. Geheimwaffe: Achtsamkeit, Geduld und Konsequenz.
- Drittes Ziel: er sollte in der Nähe bleiben denn ich möchte, dass dieser Wahnsinnskörper wie die beiden anderen auch, ausreichend Freilauf hat. Aufmerksamkeit, Nähe, Abruf, Stoppsignal. Das alles läuft schon sehr gut, allerdings müssen wir das noch bei Ablenkung vertiefen. Geheimwaffe: Jede Kontaktaufnahme belohnen und ab und zu mal eine Abruf Feier einlegen. Beobachten und belohnen in Fülle.
Um wieder auf den Anfang meines Textes zurück zu greifen: Warum suchen die meisten Junghundebesitzer Hilfe und was konnte ich daraus lernen?
- der Hund ist hibbelig und unaufmerksam,
- läuft weg, lässt sich nicht anleinen,
- kann nicht warten,
- läuft unkontrolliert und wie ein verrückter über Stock und Stein,
- lässt sich die Pfoten nicht abtrocknen, kann nicht angefasst werden,
- springt Menschen an (Ja gut da sind wir auch noch bisschen am üben, obwohl… mit dem Sitz bekommen wir es recht gut hin)
- zieht an der Leine
- bellt wenn er Auslöser sieht
- kann nicht Autofahren
- beißt uns in die Hände
- macht alles kaputt
- kann nicht alleine bleiben
Und wieder mal können wir hier das „positiv“ Prinzip anwenden: was KANN er denn? Was klappt gut? Es ist in diesem Alter in meinen Augen nicht wichtig, dass er besondere Fähigkeiten erlernt, wie Dummy, oder Obedience oder sonstige anfordernde Ausbildungen. Oder „Pfötchen“ (nun ja, wenn er es kann stört es nicht), oder „Männchen“, Sie verstehen schon. In diesem Alter ist es wichtig, dass er ein gutes Junghundeleben hat. Das wird durch eine gute Basiserziehung enorm erleichtert:
- Ohne Angst, ohne Zwang, ohne Ansprüche, die er aufgrund seines Alters einfach noch nicht erfüllen kann, ohne Vergleiche zu anderen Hunde oder vorigen Hunde, ruppige Rüpelspiele mit anderen Hunden.
- Dafür mit: Viel Nähe, viel Zuwendung, achtsamen Berührungen, netten und leisen Worten, viel Freude für ihn und über ihn (die kann laut sein, wenn es kein Hütehund ist (Achtung Etikett!), Verantwortlichkeit statt Ehrgeiz, dosierten und überwachten Kontakt zu anderen netten Hunden.
Ach so: was kann Eden noch? Hand Touch, Pfote (!), Anleinen, Ableinen, Leckerchen suchen – zu dritt, eine gute Umorientierung, Dreiecksübung, Krallen schneiden. In der Arbeit sind: Umrunden, Kinntouch, Einparken, Objekte suchen, er frisst gut und gern, und kann sich zur Ruhe legen, wenn nichts ansteht. Küssen und Schmusen natürlich auch. Und das alles in kleinen Dosen (außer das letztere)…
Was will ich mehr?